Auszug aus Sri Aurobindos „Savitri“ – Legende und Sinnbild Buch IX – Canto 2
Die Legende von Satyavan und Savitri wird im Mahabharata erzählt
als Gleichnis von der ehelichen Liebe, die den Tod besiegt.
„... Ich bin der Unbegrenzbare, der Stumme, der All-Eine.
Denn ich, der Tod, bin Er. Es gibt keinen anderen Gott.
Aus meinen Tiefen sind alle geboren, und sie leben durch den Tod.
Zu meinen Tiefen kehren alle wieder heim und sind dann nicht mehr.
Durch meine unbewusste Kraft habe ich eine Welt erschaffen.
Meine Kraft ist Natur, die tötet und erschafft
Die hoffenden Herzen und die sich nach Leben sehnenden Glieder.
Den Menschen habe ich ihr zum Werkzeug und Sklaven gemacht,
seinen Leib mir zum Festmahl und sein Leben mir zur Nahrung.
Der Mensch hat keine andere Hilfe, als allein den Tod.
Zu mir kommt er an seinem Ende mit dem Wunsch nach Ruh und Frieden.
Ich Tod, bin die einzige Zuflucht deiner Seele.
Die Götter, die der Mensch anbetet, können keinem Menschen helfen.
Sie sind nur meine Phantasien, meine Launen,
die sich im Menschen widerspiegeln durch die Macht der Illusion.
Das, was du ansiehst als dein unsterbliches Selbst,
ist nur ein schattenhaftes Bild meiner Unendlichkeit.
Es ist der Tod in dir, der von Ewigkeit träumt.
Ich bin das unbewegliche, in dem die Dinge sich bewegen.
Ich bin das nackte Sinnlose, in mir erlöschen alle Sinne.
Ich habe keinen Körper, keine Zunge, um zu sprechen.
Ich tausche mich nicht aus mit des Menschen Auge und Ohr.
Allein dein Denken gab meiner Leere Gestalt.
Nur weil du, Anwärterin auf Göttlichkeit,
nach mir gerufen hast, um mit deiner Seele zu ringen,
habe ich Gestalt und Form und Stimme angenommen.
Doch wenn es überhaupt ein Wesen gäbe, das dies alles wahrnimmt,
wie sollte es dann deinem leidenschaftlichen Begehren helfen?
Von Ferne schaut Es zu, allein und absolut,
gleichgültig gegenüber deinem Rufen und in namenloser Ruhe.
Sein Wesen ist ganz lauter, unverwundbar, reglos und eins.
Dieses Eine blickt unaufhörlich auf den unbewussten Schauplatz,
wo alle Dinge untergehen, der Schaum wie auch die Sterne.
Nur dieses Eine lebt für immer. Dort ward kein Satyavan
geboren, der Sich-Wandelnde, und dort verlangt auch keine Savitri
vom kurzen Leben ihr Bestechungsgeld der Freude...“
... Doch für den Menschen gab dem Tod Savitri diese Antwort:
„Wenn ich für immer geliebt habe, werde ich auch wissen.
Die Liebe in mir kennt die Wahrheit, die die Wandlungen vermummen.
Ich weiß, dass Wissen eine weite Umarmung bedeutet.
Ich weiß, dass jedes Wesen mein eigenes Selbst ist.
In jedem Herzen ist das unzählige Eine selbst verborgen.
Ich weiß, der stille Transzendente trägt die Welt.
Er, der verhüllte Innewohnende, der schweigende Herr.
Ich fühle sein geheimes Handeln, sein vertrautes Feuer.
Ich höre das Gemurmel der kosmischen Stimme.
Ich weiß, mein Kommen war nur eine Welle, die von Gott ausging...“